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CALLNEUKIRCHEN
Abschied von
narrativer Therapie
Übersicht: Eingebettet in die Tage- Freitag,'1. August men, reagie'rt er mit lnteresse: lch könne
buch-Notizen einer Bergwanderung doch darüber schreiben, warum ich mich
werden Reflexionen zur Verwandlung Vor dem Aufbruch zu einer mehnägigen von einem narrativen ModeLL entfernt
therapeutischer ModeLlbitdung und Bergwanderung durch das Tote Gebirge, habe, darüber, was mich bewogen habe,
I de ntität w iedergege be n. ein Kalksteinmassiv, das Oberösterreich davon Abs<:hied zu nehmen, und was an
Zu Beginn stettt der Autor zentrate zur Steiermark hin abgrenzt: Der Offen- seine SteLLe getreten sei.
Prämissen narrativer Therapietheorie see, von dem ich aufsteigen wiLL, Liegt Später, am WiLdensee, der Entschluss,
nach Michae[ White vor und skizziert, noch im morgendLichen Schatten, Nebel die Tage cler Wanderung als »rite de
was im Kontext narrativer Therapietheo- hängt in den Falten der aufragenden passaEe« in zweifacher Weise zu nutzen:
rie »uneaähtt<< bzw. marginalisiert ist. Wand. einerseits, um einige der Verwandlun-
lm weiteren Vertauf der Wanderung Auf meiner MaiLbox eine Nachricht gen meine:; Denkens und HandeLns als
wird narrative Model.tbitdung einem von Hans Rudi Fischer - eine EinLadung, Therapeut tin den Letzten zehn Jahren in
(synergetischen) Verständnis von The- einen Beitrag für die nächste Ausgabe der Worte zu fassen, andererseits, um von
rapie ats Lernvorgang gegenüberge- FamiLiendynamik zu schreiben, die sich MichaeL V/hite, dem im April dieses
stettt. Psychotherapie wird in diesem rund um die Thematik von Erzählen, Er- Ja n P rotago n i ste n n a rra -
h res ve rsl'o rbe n e
Zusammenhang a[s Anregung von Kon- innern und Vergessen drehen soll. Mein tiver Theraytie, der mich wie kein anderer
textveränderung bzw. a[s Hemmung Part könnte die Verbindung dieser Be- bewegt hat, Abschied zu nehmen.
dominanter und Aktivierung/Bahnung griffe mit Konzepten narrativer Therapie Am Ufer des Sees, in dem sich die um-
alternativer Potentiate des Ertebens, sein. Liegenden llergi pfeL spiegeLn, entstehen
Denkens, Verhaltens und lnteragierens Mittags, auf »>meiner<< Bank vor der die ersten ti(onturen dessen, was erzähL-
getesen. lm Abschtuss werden Verbin- Rin nerkogeLhütte, wäh rend Thomas, der bar wäre, und eine erste Ordnung des
dungslinien zwischen dem Lernmodett Hüttenwift, Kaffee kocht: ein kurzes Schreibens.
von Therapie und narrativer Praxeologie TeLefonat mit Hans Rudi Fischer. Er nimmt Die Aufieichnungen des heutigen Ta-
gezogen. Bezug auf meine Publikationen zur nar- ges sollen lVhites Konzept der narrativen
rativen Therapie und auf unser Kennen- Therapie fokussieren, um mit Leserlnnen
Schtüssetwörter: Narrative Modettbit- lernen vor zehn Jahren in Wien, unser ein Verständnis zu teiLen. ln den beiden
dung, Potentiatkonzept, Therapie ats Ler- Gespräch über Wittgenstein in einem fo(genden Tagen soLL beschrieben wer-
nen, atternative Beziehungserfahrung, kleinen Cafö im 3. Bezirk. den, wie mein Abschiednehmen von
narrative Praxeo[ogie lch danke ihm für die Einladung, um narrativer ltlodeLLbildu ng zustande ka m
dann meinen Einwand vorzubringen: lch und was cliesen Abschied begründete.
sei zwar nach wie vor narrativer Thera- Die beiden anschlie{}enden Tage - so
piepraxis verbunden, aber ein, anderer mein Vorhe,ben - sollen skizzieren, was
ak.damab; statt eines narrativen Theorie- an die !teL,!.e eines narrativen ErzähLens
modelk würde mich nun vor aLlem ein über Therapie &etreten ist. Der vorletzte
ModeLL von >>Therapie ab Lernen« bewe_- Tag der Wanderung soLl sich um die Frage
gen und Leiten, ein ModeLL, das in der
il#
Konzepten gründe. .9tatt wie erwartet
meinen VorbehaLt zur Kenntnis zu neh-
34. )AHRCANC, 7
\J\4.- »\ rP f§
€,$x»e^ ixsr*
\^$^r..5'1 ,
IM FOKUS
»The person is not the problem, heneru effeklivelep lr_rfluss auf d4s Was war es, was mich auf andere
the problem is the problem« (White & Problem zu nehmen: "Persons [are] Wegegeführt hat? Keine einzeLne Enttäu-
Denborouglu 7998,5.3). Lösungen - so able to locate ,facts, about their lives schung, keine einzeLne Erschütterung,
und Epston - entwliGHäöliim
\z\rhite and relationships that could not even -
kein Entdecken von Brüchen sei es in
Kontext der Dissoziation von Problem be dimly perceived in the problem den Texten, sei es zwischen Beschreibung
und Person; sie entstehen vor dem (...); facts that provide the nuclei for und Wirklichkeit narrativer Therapie'
Hiatergrund der Wiederentdeckung the generation of new stories" ('\Mhite, Vie\mehr ist atLmähtich, im Vorüberge'
von alter4ativen. Gächichteru äi" 1998a, S. 62). Extemalisierung ermög- hen eine andere ErzähLung über Therapie
Kompetenzen, Fähigkeiten und Res- licht das (Neu-)Verhandeln von Be- entstanden.
sourcen von Klientlrinen sowie den deutungen, die einem Problem zu-
Qualitäten ihrer Beziehung Rechnung geschrieben werden, wie auch ein Rückblickend waren es vor allem zwei
tragen: therapy is tojnvite Kartografieren und Evaiuieren der Ef- theoretische Erzählstränge, die an die-
"The goal of
clients to_____-=__t_*
access aspects of_llq,:SXp"- fekte eines Problems auf verschiedene sem Abschiednehmen von narrativer
_
of themselv.es whic! havg be.en Lebensbereiche von Klientlnnen; eben- Modellbildung mitgewoben haben.
{e,ngg
edited out of the dominant story« so wird die dominante problemasso- Am Anfaag des einen Erzäh-lstran-
(ffi*riu., 1,998,5.61). ziierte Geschichte rund um die Person ges stand ein Plädoyer Schiepeks für
von Klientlruren externalisiert und in- eine Ankoppelung Systemischer The-
nerhalb eines erweiterten sozialen und rapie an therapeutische Evaluations-
biografischen Kontextes von Interak- forschung (Schiepe§ 1988), das ich erst
Therapierelationa[e
tionen lokalisiert: "Once the problem |ahre nach seiner Publikation gelesen
und -prozessuate has been externafi)äd, the dominant habe. Schiepeks Feststellung, dass sich
Annahmen pathologising story (...) (about the per- ,,bei vielen :ystgmi.sgJsl Th-erap^eu-
son) is (also) externalisedo (Kamiler, ten (...) eine distanzierte Haltunqzur
Im Mittelpunkt therapierelationaler 1998,5.62). Empirie [findet], die aus einer ko-ns-
Annahmen narrativer Therapie steht Di" folgend"ftffiffiQ ist rls iruktivistisch begründbaren Objekti-
das Bemühen um lgalität in der Thera- Erprobungs- und Experimentierphase vierungsscheu heraus verstehbar ist"
V 3iebeziehung und um
»therapeutische gedadrt. die mit Visionen. Lösunesent- (Schiepek, 1988, S. 75), beschrieb mei-
o Solidarität". »Therapeutische Solidari- würfen, aber auch mit Desorientierung nen eigenen Standort: Ich war einer
tät« bezeichnet eine Position an der üfrä-Grwir*r,g rr".Ti$E'tt L" dieser vielen. Er argumentierte in die-
Seite von Klientlnnen, die durchidm- R;"tat*aA*illminalphase« werden sem Zusammenhang, dass sich eine
milmitmffiä;päöilon äsainst lire Klientlnnen dazu eingeladen, ihre Ge- konstruktivistische Epistemolo gie (und
i groblem,, whatever the problem might schichte neu zu erzäh]ery r*d r*ffi ä" däiko"i"qüen, eine koristruktivis-
be" charakterisiert ist (Epston, 1989, einerArt und Weise, die ihnen Zugang tisch orientierte Therapie) nicht selbst
s. 15). zu Erfahrungen eigener Kompetenz begründen könne; da konstruktivisti-
In Anlehnung an van Genepp im Zusammenhans mit a"ffi61-em sches Denken eine ofiene Haltung äqch
werden Therapieprozesse als Über-
L-*-"' *- *.-
vermittelt. Therapeutlnnen fungieren füöht-konstruktivistischen Positionen Y
gangsprozesse verstanden und als »Se- hier als Ko-Autorlnnen in Hinblick $genüber
"ichließe,
notwendigerweise mit Lin- o
parationsphase«, »Liminalphase" und auf die H#ffi6frffiältemativer Ge- liefere es auch »keinen festen
'
»Reinkorporationsphase" diff erenziert schichten und Lösungsstrategien. iloden für die Abwertung tradiiione{är
(vgl. Genepp, 1986\. In der
Ei-ffi;ffiä, itur,t ai" arnos,rne-6:i6m-
trffi ,Reinkorooration« - so White - stellt
slcn eln, wenn l\Ilent[lnen elne neue
Egnpirie* (Schiepek, 1,988, S. 75).
Die persönliche Schlussfolgerung,
i r I _ o.*,
T riger dominanter Identitätskonstruk- Identitätssili[iäi'iürtä äütäri vöiäääär- die ich daraus zog, wart mich intensiv
a
talonTliffia; .%4---.-.k-!
ten sozialen Bezug verwirklichen. mit Ergebnissen therapeutischer Wirk-
hierbei kommt extemalisierenden Be- forschung auseinanderzusetzen (vgl.
.schreibu4genräml@ Grossmanr; 2005). Vieles davon war
Sarttstag, 2. August
tg1g":q, -
verwirklichen
sie sich als für die eigene Arbeits-
bestätigend
Frühmorgens, am Weg von der lschler weise, vieles in Frage stellend, vieles
"linguistic separation of tfue distinction
ffi"ä;;ria-";lfS,
tify of the client. [fomm, 5.5+).
Hütte. zum Appelhaus: Wie begründet
man die eigene VerwandLung? Oder poe-
verstörend: Wie erklärte sich die ana-
loge wlrkun-flfi\Tälrfrfüöa-lichd tte-
Der so geschaffene sprackrlich-kon- tischer: »Wie kommt das Neue in die rapeutischer Therapieansätze, die im
__)*-*.
zeptionelle Raum erlaubt es Klient- WeLt? Wie wird es geboren? Aus weLchen ',Dodo-Verd ikt" der Therapieforschturg
Versch mebu ngen, Verwandlungen, Ver-
bindungen besteht es?« (Rushdie, 7989,
s.1 8)
8ffi w*,u
J b߀.ü>o*1
.S*k' .-).ö. qH t9d F4r^.
lr*{ /*t Q\
\CO -x
als (evolutionärer) Lemvorgang bzw. von einem Schatten, der sich über sein
@t?Wieerklärte
es siclu dass die sogenarmte »Verän- als §eorganisation neuronaler Netz- Leben gebreitet habe. Wenige Monate
derungsrate. nach Erstgesprächen hö- werke verstanden werden (v g1. Spitzel später erschien sein Buch ,U3ll7!_1yu:*of
her- war als nach Folgegesprächen, 2000). Therapists' Lives«, das - wie ich g\aube -
lin d
par exceLlence: Evolution und ihr
» Le rn e n « rea li s i e re ni-ic-Fim m e r vö r
6
Das Gewi cht de r Welt
auf Phänomene der Ko-Evolutioru der dem Hintergrund der Passung zu EeEe-
Selekii-öo der Konverge nz u. a.? benen LebensweLten. ,,Nicht was wir gelebt haben, ist das
Im Zuge dieses Lesens und Nach- Vor dem SchLafengehen Bob Dylans te6en, sondern'das, was wir erinnern
denkens entdeckte ich bei LeDoux »My back pages« auf meinem iPod: und wie wir es erinnern, um davtn
eine Bezugnahme auf aas Rääfr »l.was so much older then, l'm youn&er zu erzählen. (Garcia Marquez, 2002,
der »synaptischen Selektion": Synap- than that now.<< §"7; - dieses Motto, das Gabriel Garcia
sen konkurrieren im Kontexi von Marquez seiner Autobiografie voran-
Entwicklungsprozessen gieich Lebe- stellt lässt sich als Fazit narrativer
Sonntag,3. August
w_esen im evolutionären Kontext um Therapietheorie iesen.
rhr Überleben. Gemäß den Prinzipien Auf dem Weg zur Püringer Hütte: Am Heute glaube ictg dass diese Be-
des »nsur'4lsn Selektionismus« wer- späten Nachmittag setzt strömender s chreibun g ni*l.r:-1._r91, auss vie imqlrr
den:GE3ynäpsä erzeugt als beibe- Regen ein. Zwei Stunden verbringe ich das, was wir erleben und leben, erfgbt
halten ("Prinzip des Überschusses"), damit, den durchnässten Schlafsack am ünd gelebt haben - ob wir es nun erin-
jene_ Synapsen beibehaltery die aktiv Tischherd zu trocknen. lm Süden - über i16rn oder nicht - einen hohen formiej
sind (>,Prinzip der Nutzung«), und den Niederen Tauern - 6eht ein Cewitter r'enden Einfluss auf unser Leben birgt.
liiht genutzte Verbindungen getilgt nieder. Ich denke, dass das »Gewicht der Welt.
(,Prin2ip der Subtraktion«) (vgl. Le- lch erinnere mich an ein Telefonat mit (Handke, L977) - ob wir es zum Gegen-
Doux, 2006, S. 103). Die Prinzipien Michael Whiie vor etwa zehn Jahren: stand des Erzähiens machen oder es
des neuralen Selektionismus begrün- Quer über die Kontinente und Meere unerzählt bleibt - über das Gelingen
den die neuronale Plastizität. Vor ih- hinweg erwähnte er seine Erfahrung der und Scheitem unserer Lebensentwürfe
rem Hintergrund kann Psychotherapie Mutlosigkeit angesichts einer Schreib- zentral mitbestimmt.
hemmung, die sich bei ihm nach einem
Fahrradunfall eingestellt hatte. Er sprach
HEFT 1 / 20O9 9
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IM FOKUS
'hen Muster psychischen und sozialen i fen Kontinuität und kreieren Prägnan-
Für dieses Gewicht der Welt sPre-
' Prozessierens, die durch dysfunktiona- zen, sie bestimmen die Hierarchie und
chen eine Vielzahl klinisch-epidemio-
le (sekundäre) Bewältigungsstrategien, Wertigkeit von Denkinhalten. Sie wir-
logischer Studien sowie die Ergg!4i:se
d"@ stabilisiertwerden. Diese Problemmus- ken zudem steuernd auf unser Aus-
für dieses Gewicht sprechen die bio- ter wie auch clie damit assoziierten drucksverhalten und determinieren
grafischen Erzählungen einer sehr lBewälti gungsstrategien generieren Le- somit in hohem Maß unser Interagie-
ibensweisen und Lebensbedingr-rngen ren.
großen Zahl von Klientkmen. »Verlet-
I mit, ctie in vielen Fällen erneut in belas'
Der Fok u s au f spracl-r.lilh-,kq8ßiLive
....-.
zungen des Bindungs- und Konkoll-
bedürfnisses in den Beziehungen mit I tende Lebenserfahrungen einmtinden',
Operäüonen von Klientlrurery d9.
den ersten Bezugspersonen. - so die lwir erzeugen das Leid, das uns um- narrative Therapie wie kaum ein an-
clerer Therapieansatz beschrieben und
zusammenfassende und karge Be- I fair-rgt, seibst mit: Auch wenrt Menschen'
ihre Biografie als Opfer beginnen, wer-' ausformuliert hat, ist wichtig und be-
sctueibung Grawes -,,hintgrlaqsen_$e-
fe Spuren im neuronalen System. (..') 'den sie in vielen Fällen nach und nach deutsam. Er ist eine hilfreiche Ein-
J-'
+*.F%
gffiforte zu Veränderungen, er ist
P"r d.kt ti.h tpät". " T,ig- rzu Tätem eigenen Leids.
für viele Klientlnnen in hohbm Maß
lichen Lebenslagen negativ aus und
anschlussfähig Aber flir Klientlnnen,
@sicv€i-Eiiah- die sich aufgrundiron schweren Depri-
ry4&e_n lebenslang klerner/
aß er sonst
se;*.§ö-n4;e« (Grawe, 2004, S. 442).
Die Bedeutunt vationen, traumatischen Erfahruägen
r4rd frühen Bindungsstör,ifrg.n .i,f -
Heute gehe ich davon aus, dass des Erlebens ._l
-o-JJ
Probiemzust?inde lg§gti@ i" ; *üfütiiglr es formuliell - 'hart-
näckigen Füh1-Denk-Verhaltens-Auto-
Y mensqhlicllgr !ipg:a-
Erschütteruneen Erzähleru DigFYJs, Text, G_eschig.hte: Es
..:
fie durch versansene und eeeenwär- . sind koenitiv orientierte Konstrukte, bahneno (Russinger, 200$ pers. Mitt.)
/< a, tiee kritische Lebensele.itstiss)-$nd
Lebenserfahrr-rneen
-4#4-
sründen. Zudem
-...9*.-_e.**d €
leben viele Klientlnnen in einer Gegen-
die im Kontext narrativer Therapietheo-
rie im Vordergruncl stehen. Hier bleibt
das Erleben trnerzählt oder nachge-
befinderu sin d Veral{egll8-9l js E.
lebens so'ivte--GIryfl.q$gg(n
"
-{er
-
r$at"il,i'iä däiäu["" lnteraktion be-
Gr-
. q-r-T---,
reiht. Aber Erleben ist kein postkogni- äaü6ffi;iäväa".tä;' gäH llte',
,wart. ql g Jer8angge_ *l q9lylg-seg?{t -
--l-:=-,-.
tslg:l reaktualisiert. tiGi-Phänomen. Es sind vor allem af- ,äsrY.#"*--{Y-
Aus di8er Erbchütterung - aus f ektive Erfahruneert affektive Weis-sen
g
Erfahrungen des Verlusts, der Trau- der Wirklichkeitsverarbeitung, die eine
matisierung durch physische, psy-. jorganisierende Bedeutung ftir unser
chische und/oder sexuelle Gewalt, aus i Denken und Verhalten bergen. AJfekte
Die Bedeutung der
igehenko@ Therapiebezieh u ng
Es entstehenMuster @ee1,s.6e1 Eine im Kontext von Therapie zentrale
sind mit diesen in einer affektlo-
psychischen und -und
, gischen Verknüpfr-rng verbunden.
Frage ist demnactr jene.WeEulgch4e
sozi a Le n P rozess i e re n s, ' Affekte ermöglichen es uns, uns Aufmerksamkeit von Jhglgpeutlnnen
. {-.*r-
zu onentreren, sclmeu aur ern-
rasc.h m-ten stre:-%;"ää Hintergrund
die durch dysfunk- EäeäaaTreigrffiä 2., reagiäiä[und änei narraUven Therapietheorie sind
tionale Bewältigungs- mit dem [iäilusstsein verbundene Ka- dies vor alläm mögliche Ubergänge
strategi n sta b i Li s i e rt p@iwilt& zwischen dominanten und a'liääätiven
werden
e
Planen. überleetes Handeln für die ffivon
GäTahrenabwehr zu mobilisieren. Af- KffiiEfien mithilfe eines »double lis-
felkten [ominf6ihä,iöperat'oifuirkung" tening« (White, 1998c) erschließen.
Gemäß einer Studie glgs}C{-
i
Erfahrungen der Kränkung, Entbeh: in Bezue auf Kosnitionen zu: Sie fun-
rung und/oder Überforderung - leiten gieren als [LEt br*. Ag:sAx-9Q-tt%ea!3te#Sla-
sich problemassoziierte Weisen des Er-
"tgr.g§f".*t*
Motirutore.,@ä
I
lrgl piät<Usltllaepühsl§-ry9ry9ggge)
lebens, Denkens und Handeins ab, ins- Ciompr, 1997). Affekte/Erlebensweisen 'ngg-ativgg jqgryIEge-BJSHg
besondere darm, wenn personale und bestimmen den Fokus der Aufmerk- "runtsen (isl. Gawe, 2004,5.214). Diese
GIJ".h" ä"Ut pt :it omene der Thera-
soziale Bewältigungsressourcen fehlen r""*"it - sie gleichen Pforten, welche
oder unzureichend sind. Es entste- Zugäage zu unterschiedlichen Wafu- oi"u"riuhffit"tt
nehmungen und Gedächhrisspeichem iF.-rp-iffihen Interaktion zu einem
eröffnen oder verschließen und damit zentralen therapeutischen Fokus.
die Aktivierung unterschiedlicher Ver-
haltensweisen ermöglichen. Sie schaf-
10 JAHRGANC
ABSCHIED VON NARRATIVER THERAPIE
Kontextverän deru ng denken darüber, worin diese Potentiale im »Hier und Jetzt« eines Therapie-
im Einzelnen besteher; wie sie von an- l$ür wenn sich die Problem-
d.-al6§S:
anregen .
deren walugenommen werdery wärin themafik ü-"ir,"r Weise zeigt, die Kli-
sie motiviert sind, was sie auslös! wie entlnnen berührt, entwickel:r sich auch
Das Auftreten bio-psycho-sozialer Pro-
iie sich ausfaltery welche Implikatio4en Lösungen in einer berüfuenden Art
blemzustände ist in vielen Fällen an
sie bergen, au{ welchen Erfa}rrungen und Weise,
mehr oder minder spezifische sozialel
interaktionelle Kontexte gebunden.
sie grtindery worauf sie verweisen usf. I Die Aktivierung und Bahnung lö-
ist ein Einüben in Dissoziation. sungsassozüerter Potentiale vollzieht
Hilfreiche Psychotherapie regt Klient-
Klientlnnen lemen/riben ein, Beob- sich als sowotrl explizites wie implizi-
Innen dazn an, diese «onii*t"-io'r,
achterlnnen ifues eigenen Prozessie- tes Lemen. Explizites Lernen bezeich-
verändern, dass (clominante) Problem-
r€ns zu seil, was ein Verbleiben in net eine mit bewusster Aufmerksam-
Potentiale seltener bzw Lösungs-Po-
einer »Problemtrance«/ein autor{rati-
, tentiale häufiger auftreten. 'siertes »running [91! .yg;bundene gedankliche, s].rnbo-
on(< von Problem- Iische oder reale Einübung alternativer
Veränderung interaktioneller Kon- 1
Potentialen unmöglich macht. Weisen des Denkens, Erlebens, Han-
texte im
...---<
"Hier und Jetzt« eines The- delns und Interagierens durch Klient-
rapiedial ogs unlniTtäb a i anzuregen ist
eine der Stärken eines familien- und Innen. Dies rea-lisiert sich in einem f
Die Aktivierung und
'
paartherapeutischen Settings. Fami- Erkunden von »urique events«, in der
Anregung einer Lösungstrance vermit-
le$herapie trägt zumeist wenigääs Bahnung alternativer
Einzeltherapie dazu bei, individueile tels Zeitprogression, im Erzählen einer
13
-
IM FOKUS
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M
ffi\ ?ffi ,V
\ ". \"c! )
§I'
\
N.ftil;bi&
ABSCHIED VON NARRATIVER THERAPIE
Ressourcen- t
, lch selhst bin immer noch auf der Abends am Altauseer See: Cegen Süd-
i Suche nach meiner Stimme. Wohin des westen hin die schon beschatteten Eis-
orientierung lWegs? Mit Klaus Crawe und anderen flächen des Dachsteins, die Sonne, die
jteite ich die Hoffnung auf eine »AL§e- dahinter untergeht.
Ein zweiter Erzählstrang, der auf White
i meine Psychotherapie<<, auf eine Psycho-
zunickvenveist, ist jener der Ressour- t,
therapie, der es gelin6t, die FüLLe der
cenorientierung: »Es ist die Mobilisie-
Erfahrungen, Sichtweisen, Zugänge und
) Summary
rung der RessourcilGr.*G-[ffi ä, i
I Vo rge h en sweise n d er versch i eden e n psy-
CIA;EeEi€*äCai-iüirkf, -nn*t*die i chotherapeutischen AnsäZe kohärent zu
Taking Leaoe of Nanatioe Model Forma-
Efmtr tion
- so"*". ""fa"
3\n1y'Sad314g . i,integrieren. tch glaube, dass neurobioLo-
jrollems äie 'ih&pi,ffi?söfiär Reflections on the transformation
i gische Forschung, therapeutische Wirk-
of theraper-rtic model formation and
Tallman & Bohart (2001,5.122).
i forschung, der Bezug auf Erkenntnisse identity are embedded in diary notes
1 insbesondere der Klinischen Psychologie from a hike in the mountains. First
sowie eine Konsensualisieru.ng ethischer
I the author presents central premises
Narrative Praxeotogie Prämissen Therapie hilfreicher machen
tI kann und wird. underlying narrative therapy theory
as proposed by Michael White and
Ein weiterer Erzählstrang ist jener der Warum glaube ich, was ich gLaube?
outlines what remains »untold« or
vorwiegend narrativen praxeologie. VieLleicht ist mein Glaube Ausdruck einer
marginalized in the context of nar-
Warum? Weil therapeutisches Hand- Sehnsucht nach einer gröl3eren Erzäh-
rative therapy theory. In the further
werk, therapeutische "Redekur., sich Lung, eines Heimwehs nach Heimat.
course of the hike,.'narrative model
^ grundleg".,ä in fragendem Erzählen formation is contrasted with a (syner-
realisierf weil narrative Methodologie Klientlnnen als Heldkrren der Thera- getic) understanding of therapy as a
eine hilfreichelhetorische praxis an-
- pieerzählung, Therapeutlruren als jene, learning process. In this coru:rection,
Ui"tet nÄ äliernative potentiale äes die an ihrer Seite stehen: Das ist keine psychOtherapy is seen as a stimulus for
Erlebens, Denkens, Handelns und lri- Beschreibung von Michael Whitg son-
- contextual change, as the inhibition of
teragierens anzuregen und zu för- dern der Therapieforscher Tallman & dominant potentialities for subjective
dem; weil sie nützlich,,re9p,gllvof] g3d Bohart (2001, S. 85); aber sie könnte von
. experience, thinJ<ing, behavior, and
schön is[ffi ifeT-F.r*; ;
;h " q"" ihm sein. interaction, and the activation/initia-
"*
fventiq ai'e Verwendung von Meia-
pherry narrativen Mikrointerve-ntio-
nery die Nutzung mehrfacher Erzähl-
stimmery Praktiken des Re-Membering,
der Externalisierung und L:rternalisie-
mng sich nahtios in die Zielsetzung r
von Lernen eirLfügen und sprachliche/
Bio-psycho-soziate Prob[eme
It
I.
soziale Kontexte der Reorganibation
neuronäer Netzwerke bilden. rSuntj-
JAHRCANC, 15
.]
i,
I
IM FOKUS
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