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Soziologen sehen keine Phänomene, die andere nicht auch sehen, aber
mit
anderen Augen:
neue, systematischer (empirisch, theoretisch)
begründete Sichtweisen lernen (aber in der Soziologie immer
mehrere konkurrierende Deutungen / Erklärungen gibt)
Duaslismus: Individuum-Gesellschaft
- Henne-Ei-Frage der Soziologie (Gesellschaft und Individuum sind
nicht ohne jeweils anderen denkbar)
- Zentrale theoretische Fragen
o Wie kann Entstehung sozialer Strukturen aus dem Geflecht
individuellen sozialen Handelns oder sozialen Interaktionen
erklärt werden
o wie werden diese Strukturen über millionenfaches individuelles
Handeln beständig reproduziert aber auch immer wieder
verändert?
- Ebenen der sozialen Wirklichkeit:
o Mensch als soziales Wesen
o Kleingruppen (Mikrosoziologie)
o Organisationen (Organisationssoziologie)
o Gesellschaft und Kultur (Makrosoziologie)
Symbolischer Interaktionismus:
- G. H. Mead ((1863-1931): Menschen erschließen sich ihre Welt über
symbolische Bedeutungen
- „Thomas-Theorem“: „If men define situations as real, they are real
in their consequences“ (W. Thomas 1929) -> begründet Tradition
des „sozialen Konstruktivismus“
- Gesellschaft besteht für Vertreter des „symbolischen
Interaktionismus“ aus einem fortlaufenden Prozess der
wechselseitigen (symbolischen, kommunikativen) Abstimmung der
Aktivitäten ihrer Mitglieder. -> Sowohl „Kultur“ als auch „Struktur“
sind ‚geronnene‘, institutionalisierte Ergebnisse dieser permanenten
Interaktions- und Abstimmungsprozesse.
- 3Prämissen:
o Menschen handeln gegenüber Dingen auf der Grundlage der
Bedeutungen, die diese Dinge für sie besitzen -> Die Bedeutung der
Dinge ist für verschiedene Personen aber sehr unterschiedlich
o Die Bedeutung der Dinge entsteht durch soziale Interaktion, die man
mit seinen Mitmenschen eingeht
o Die Bedeutungen werden durch einen interpretativen Prozess im
kollektiven Umgang mit den Dingen ständig verändert
Wiederholungsfragen:
• Welche zeitgenössischen Erfahrungen prägen die Entstehung derSoziologie?
• Nennen Sie einige bedeutende Vorläufer und „Gründerväter“ der Soziologie?
• Was sind die zentralen Themen von
o Adam Smith ??
o Karl Marx ??
o Max Weber ??
o Emile Durkheim ??
• Was sind zentrale Spannungslinien / Kontroversen in der Soziologie?
zu Punkt Kultur:
- Denken & Verstehen: impliziert sprachliche Kommunikation, den
gemeinsamen Gebrauch von Begriffen, bestimmten Kategorisierungen der
Wirklichkeit, gemeinsam geteilten Deutungssystemen, die in privaten und
öffentlichen Diskursen immer wieder bestätigt werden und deshalb als
selbstverständlich erscheinen
- „Werte“: „Unter Werten verstehen wir die allgemeinsten
Grundprinzipien der
Handlungsorientierung und der Ausführung von Handlungen. Werte sind
Vorstellungen von Wünschenswertem, kulturelle und religiöse, ethische
und
soziale Leitbilder, die die gegebene Handlungssituation sowohl steuern als
auch transzendieren. Die in einer Gesellschaft vorherrschenden
Wertvorstellungen
sind das Grundgerüst der Kultur.“
Zu Punkt 4: Macht
- Begriff Macht ist soziologisch amorph weil situationsabhängig
= handlungstheoretische Machtdefinition
- Gründe oder Quellen von Macht:
o Persönliche Überlegenheit
o Autorität
o Ideologische Macht
o Wissen als Macht
o „strukturelle Macht“
o Gewalt
- Herrschaft:
o Macht ist fragiles gut. Machthaber versuchen sie dauerhaft zu
institutionalisieren und zu legitimieren -> aus Macht wird
Herrschaft
o Herrschaft als „Sonderfall von Macht“ (Weber): Jede Macht hat
Bedürfnis nach Selbstrechtfertigung und Anerkennung.
Legitimation von Machtverhältnissen durch Anerkennung der
Rechtfertigungsgründe.
o Herrschaft ist legitime Machtausübung: Chance auf Gehorsam
o Jede Herrschaft ist ein Machtverhältnis, doch nicht jedes
Machtverhältnis verfestigt sich zur Herrschaft
- Herrschaftstypen nach Max Weber (Idealtypen legitimer Herschaft):
o Legale Herrschaft: Herrschaft kraft Satzung; rationalste Formd
er Herrschaft. Vorsicht! Legal ist nicht gleich legitim!
o Traditionelle Herrschaft: Herrschaft kraft des Glaubens an
Überlieferung; selbstverständliche Regelung sozialer Ordnung
o Charismatische Herrschaft: Verhältnis „Führer“ zu „Jünger“;
Charismasteigerung durch Erfolg-> Selbststeigerung
Instabile Herrschaft, daher Versuch sich über
Institutionalisierung abzusichern
Ergänzung:
o Demokratische Legitimation
o Sozialstaatliche Legitimation
Zu Punkt 5: Integration
- Funktionale Integration
o Die verschiedenen Teile der sozialen Realität sind miteinander
verknüpft, voneinander abhängig, beeinflussen sich
wechselseitig (Organismus-Analogie)
o „Funktionale Integration“ besteht, wenn „jede soziale
Beziehung, Position, Organisation, jeder Wert und jede
Eigenschaft einer Gesellschaft einen Beitrag“ für das
Funktionieren des „sozialen Systems als Ganzes leistet“
o „Je widerspruchsfreier Werte aufeinander in einem
Wertesystem oder in einer Wertehierarchie bezogen sind,
desto stärker ist die Integration und Stabilität der
Gesellschaft.“
o Misslingende funktionale Integration = „Dysfunktionale“
Beziehungen
- Soziale Integration
o Soziale Integration bezieht sich nicht auf die Frage der
funktionalen oder dysfunktionalen Beziehung von einzelnen
Elementen des sozialen Systems zueinander, sondern auf die
Frage der sozialen Bindung, der geordneten oder
konflikthaften Beziehungen der Handelnden zueinander.
o Bsp: für Desintegration: starke Klassenkonflikte,
Kastenstrukturen, ethnonationalistische Konflikte,
„Parallelgesellschaften“
o Voraussetzungen für soziale Integration:
Strukturelle Integration: Zugang zu gesellschaftlichen
Chancen und Positionen
Kulturelle Integration: Vertrautheit mit und
Verinnerlichung von kulturspezifischen Werten und
Normen [„Leitkultur“ – Migrantenkulturen ???]
Soziale Integration/„soziales Kapital“: Teilnahme an
sozialen Aktivitäten & Netzwerken, auch im privaten
Bereich
Definition:
- Wie wir werden, was wir sind (Abel)
- Sozialisation (auch deutsch: Vergesellschaftung) ist die
„Bezeichnung für den Prozess, durch den ein Individuum in eine
soziale Gruppe eingegliedert wird, indem es die in dieser Gruppe
geltenden sozialen Normen (…) erlernt und in sich aufnimmt.“
(Fuchs et al. 1988, S. 707)
- Sozialisation bezeichnet (…) den Prozess, in dessen Verlauf sich
der mit einer biologischen Ausstattung versehene menschliche
Organismus zu einer sozial handlungsfähigen Persönlichkeit bildet,
und zwar in Auseinandersetzung
o mit den natürlichen Anlagen, insbesondere den körperlichen
und psychischen Grundmerkmalen, die für den Menschen die
„innere Realität“ bilden,
o mit der sozialen und physikalischen Umwelt, die für den
Menschen die „äußere Realität“ bilden. (Hurrelmann 2002, S.
15f.)
Sozialisation ist:
- … der Prozess, in dem die Menschen spezifische Fähigkeiten zum
sozialen Handeln erlernen; im Gegensatz zum zielgerichteten,
geplanten Lernen mithilfe eines professionellen Personals (=
Erziehung) ist Sozialisation die ungeplante „Gesamtheit aller
Lernprozesse, die aufgrund der Interaktion des Individuums mit
seiner gesellschaftlichen Umwelt stattfinden“
- … in ihrer Form abhängig von den Werten, Normen und der
Funktionsweise einer Gesellschaft, d.h. kultur- und
gesellschaftsspezifisch
- … notwendig zur funktionalen Integration von Gesellschaften
(Fähigkeit miteinander zu kooperieren; normativer Basiskonsens;
gesellschafts-/funktionsspezifische Kompetenzen); in modernen
Gesellschaften allerdings immer Widersprüche zwischen
Sozialisation und Gesellschaftsstruktur
- … verschieden für unterschiedliche Gesellschaftsgruppen und
spiegelt die jeweiligen Formen sozialer Ungleichheit wider
(klassen-/schicht-/milieu-/geschlechtsspezifische oder ethnische
Sozialisation)
- … ein Prozess, in dem das Individuum geformt wird – sowohl von der
Gesellschaft als Ganzer als auch von seinem besonderen Ort
innerhalb der Gesellschaft
- … nicht nur ein Aneignungsprozess, sondern auch ein Prozess der
Identitätsbildung.
Psychoanalytische:
- Freuds Theorie der Persönlichkeit:
o Der Mensch als triebhaftes Wesen - Menschliches Verhalten
wird wesentlich durch biologische und psychische Antriebe
bestimmt, die in der frühen Kindheit, v. a. durch die Beziehung
zu den Eltern, geformt werden
o Modell innerpsychischer Instanzen:
Es: Ererbt, beinhaltet die Triebbedürfnisse, sexuelle und
aggressive Impulse, an Lustgewinn orientiert
(„Lustprinzip“)
Ich: das ‚rationale‘ Teil des Selbst, das zwischen „Es“
und „Über-Ich“ vermittelt; das anhand elterlicher
Verbote lernt, Triebbedürfnisse auf realistische Ziele zu
lenken. Durch diese Vermittlungsrolle des „Ich“ entsteht
Bewusstsein.
Über-Ich: „Gewissen“; die über die Identifikation mit
den Eltern verinnerlichten Verbote der Eltern und der
moralischen Normen und Werte der Gesellschaft
o Persönlichkeit primär dadurch geformt, wie die Konflikte
zwischen Es und Über-Ich gelöst werden. Diese Prozesse
bleiben weitgehend „unbewusst“ obwohl sie das Verhalten
prägen
- Sozialisation als Einschränkung und der Triebbedürfnisse
o Anthropologische Annahme der notwendigen Zurichtung des
Menschen auf die Gesellschaft
o Pessimistische Kulturtheorie: Hemmung/Sublimierung der
Triebe notwendig für Entstehen von Kultur
„Individuelle Freiheit ist ohne Verpflichtung nicht zu
haben“ (Abels I, S. 66)
- Sozialisation als lebenslanger Kampf zwischen Gesellschaft (‚Über-
Ich‘) und den biologischen Neigungen des Menschen (Es)
Soziologische Sozialisationsstrategien:
- Durkheim: Konzept der Sozialisation als Internalisierung
(Verinnerlichung) gesellschaftlicher Normen (ursprünglich
triebhafter, egoistischer Mensch wird durch Sozialisation
gesellschaftsfähig)
- Parsons: Sozialisation als schrittweise Internalisierung der Werte und
Normen, die Teil der Persönlichkeit werden.
- Sozialisation = „Enkulturation“ -> eindimensionale,
funktionalistische Perspektive (Anpassung des Individuums an die
Gesellschaft). „Die Individuen wollen, was sie sollen.“
- Mead:
o Sozialisation durch symbolische Kommunikation (symbolischer
Interaktionismus) -> menschliche Kommunikation zentral für
Verhaltenssteuerung (auch Selbstbeobachtung durch Augen
der Anderen in der Interaktion)
o Sozialisation durch „Perspektivenübernahme“
Anpassen der Handlungen an Erwartungen der Anderen
Ich = Subjekt-Ich (I) + Objekt-Ich(Me) (von außen reflektiert)
o 2 Phasen zur Fähigkeitsentwicklungder Rollenübernahme
„Play“ (Rollenimitation – signifikanter Anderer)
„Game“ (Perspektivenübernahme – generalisierter
Anderer)
Hineinwachsen in symbolische Welten und Begreifen
ihrer Regeln
o Ziel des Sozialisationsprozesses:
Identitätsentwicklung aus beständiger Reflektion aus
dem Spannungsverhältnis von Me und I
Entwicklung von Handlungsfähigkeit in den
symbolischen Interaktionszusammenhängen der
Gesellschaft
Modernes Sozialisationsverständnis:
- Sozialisation ist nicht reine Anpassung an gesellschaftliche Realität,
sondern deren produktive Verarbeitung
Mensch ist Objekt und Subjekt des
Sozialisationsprozesses
- Sozialisation ist
o kein passiver Prozess des Erlernens von Rollenmustern,
sondern aktiver, kreativer Prozess der Auseinandersetzung mit
den eigenen Anlagen sowie der Umwelt
o der Prozess der Entstehung und Entwicklung von
Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der
sozialen, kulturellen und materiellen Umwelt
o ein lebenslanger Prozess
- Phasenmodelle weit verbreitet
o Kindheit als wichtige Phase (primäre Sozialisation)
Sozialisationsinstanzen: Eltern, Gleichaltrige, Schule, Medien
etc.
o Identitätskrisen und-veränderungen aus Phasenübergängen:
De- und Resozialisierungsprozesse
Wiederholungsfragen
- Was sind spezifische Merkmale des soziologischen Verständnisses von
Sozialisation?
o .... Erwerb der Fähigkeiten zum sozialen Handeln
o .... Übernahme von Werten und Normen der Gesellschaft: notwendig zur
funktionalen Integration von Gesellschaften
o … ist verschieden für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen (Klassen,
Schichten, Milieus) und spiegelt sowohl die gesellschaftlichen Strukturen
als auch die Machtverteilung wider
o ... ist nicht nur Anpassung, sondern auch ein aktiver, kreativer Prozess der
Aneignung von und Auseinandersetzung mit der ges. Umwelt,
o ... ist ein Prozess, in dem das Individuum geformt wird, in dem sich die
eigene Identität, die Fähigkeit zum „Rollenspiel“ (und zur „Rollendistanz“)
ausbildet
Institutionen:
„Institutionen sind geronnene Kultur. Sie transformieren kulturelle
Wertorientierungen in eine normativ verbindliche soziale Ordnung.“(Klaus
Eder 1997)
Zugänge:
- Institutionen als objektive Tatsachen (faits sociaux) (Emile
Durkheim)
- Institutionen als Instinktersatz, als Handlungsentlastung und
Vermittlung von Sicherheit (Arnold Gehlen)
- Institutionen als Sitten und Gebräuche (William. G. Sumner)
- Institutionen als verpflichtende, „normative Muster“ der Gesellschaft
(Parsons)
- Institutionen als Stifter sozialer Integration (Helmut Schelsky)
- Institutionen als gemeinsame, auf der wechselseitigen Orientierung
am ‚generalisierten Anderen‘ basierende „organisierte Reaktion
seitens aller Mitglieder der Gemeinschaft auf eine bestimmte
Situation“ (George H. Mead),
- Institutionalisierung als fortlaufender Prozess der „Konstruktion von
Wirklichkeit“ (Berger/Luckmann)
Organisationen:
Def.:
- alle sozialen Gebilde, in denen eine Mehrzahl von Menschen zu
einem spezifischen Zweck zusammenwirken.“
- „die Ordnung von arbeitsteilig und zielgerichtet miteinander
arbeitenden Personen und Gruppen.
(…) alle Institutionen, Gruppen und sozialen Gebilde, die bewusst auf
ein Ziel hinarbeiten, dabei geplant arbeitsteilig gegliedert sind und
ihre Aktivität auf Dauer eingerichtet haben.“
b) Organisationsökologie
- Zentrales Anliegen: Erklärung des Wandels der
Organisationslandschaft. Ansatz ist evolutionstheoretischem
Forschungsprogramm verpflichtet. Skeptisch gegenüber dem
optimistischen Machbarkeitsdenken der Managementliteratur.
- Annahme: Organisationen haben sich eine bestimmte
Kernkompetenz, ein best. Profil erworben, an dem sie üblicherweise
festhalten (aufgrund von Wettbewerbsvorteil oder
„Organisationsträgheit“) -> Vor- und Nachteile
- Statt Wandel durch Anpassung und Organisationslernen wird
deshalb Wandel durch Variations- und Selektionsprozesse betont
(durch Wandel der Organisationsumwelt)
- Empirische Befunde: „Zwergensterblichkeit“ – S-förmiges Wachstum
von Organisationen, wenn sich neue Nische öffnet (bis „carying
capacity“ erreicht ist) –„Nischenstrategie“ (wann haben Spezialisten,
wann Generalisten Vorteile?) – etc.
c) Neo-institutionalistische Organisationstheorien
- Ausgangspunkt: Kritik an „rational actor“-Modellen, an
ökonomischen Organisationstheorien, die vom “homo oeconomicus“
ausgehen. Dagegen: Interessen und individuelle Handlungsmotive
erhalten erst durch Einbettung in institutionellen Kontext ihre
spezifische Ausprägung.
> Institutionen, d.h. normative Vorgaben, eingespielte Praktiken,
kulturelle Standards, formelle und informelle Regelsysteme,
spielen als Erklärungsvariable eine zentrale Rolle.
- „Jenseits der Effizienz“: das im ökonomischen Denken dominante
Effizienzkriterium hat nur begrenzten Einfluss auf die Ausgestaltung
von Organisationen, v.a. deshalb, weil oft unklar ist, was „Effizienz“
für die jeweilige Organisation bedeutet
> offen für kulturelle Definitionskämpfe, für Moden und
Zeitgeistströmungen.
- Stattdessen zentrales Gewicht der Herstellung und
Aufrechterhaltung von Legitimität beigemessen. Um erfolgreich zu
sein, sind Organisationen auf Unterstützung und Anerkennung von
außen angewiesen; nur so kann Zufluss von Ressourcen sicher
gestellt werden.
- Zentrale Elemente:
o „Isomorphie“-These: Orientierung an Legitimität führt zur
Strukturanpassung (Isomorphie) von Organisationen und
Umwelt(erwartungen). Zwei Möglichkeiten:
reale Anpassung (DiMaggio(/Powell)
proklamierte Anpassung (Meyer/Rowan): Lose Kopplung
von Formalstruktur und faktischer Aktivitätsstruktur von
Organisationen ermöglicht – vor allem in größeren
Organisationen – nach außen best. Fassade aufzubauen
(z.B. den Mythos der ‚rationalen‘ oder ‚nachhaltigen‘
Organisation), die den operativen Kern der Organisation
absichern.
o Drei Mechanismen zur Herstellung von Isomorphie:
Zwang (z.B. Umweltschutz-, Datenschutz
Arbeitschutzverordnungen)
Imitation (Unsicherheit/fehlende Erfahrung/Ungewissheit
der Folgen von Innovationen führt zur Orientierung an
„Trendsettern“, „best practice“-Modellen,
„Benchmarking“)
Normativer Druck (berufsständische Vertretungen,
professionelle Ausbildungsinstitutionen,
Unternehmensberater, internationale
Exzellenzorientierung etc. erhöhen Druck, bestimmte
Standards einer ‚guten‘/;effizienten‘ Organisation zu
übernehmen)
Definition:
- ungleiche Verteilung von Lebenschancen und „wertvollen“ Gütern:
- hierarchische soziale Schichtung der Gesellschaftsmitglieder
Soziale Schichtung/Schichtungstheorien
- Theodor Geiger, Mitte 20er Jahre: „Die soziale Schichtung des
deutschen Volkes“; erste auf repräsentativen Daten (Volkszählung
1925) basierende empirische Analyse
- Schichtbegriff wird zum zentralen Oberbegriff sozialer Ungleichheit
(Stände und Klasse als historischer Spezialfall sozialer Schichtung);
- Funktionalistische Schichttheorien (K. Davis, W. Moore) werden nach
dem 2. Weltkrieg dominant (Schicht- und Mobilitätsforschung)
- Empirische Bestimmungsfaktoren sozialer Schichtung:
1. Einkommen + Besitz,
2. Beruf,
3. Bildung,
4. Prestige/Status (Fremd- und Selbsteinschätzung)
- Bei T. Geiger: Schicht = Soziale Gruppierung mit einer typischen
„Mentalität“
- Stärken
o schließen unmittelbar an Alltagswelt an; sind an der
„gesellschaftlichen Oberfläche“ direkt erkennbar und
zugänglich
o schließen eng an Sinnkonstruktion der Individuen an
o Für eine differenzierte Beschreibung individueller
Alltagswelten gut brauchbar
- Schwächen
o stark auf den Freizeit- und Privatbereich konzentriert,
vernachlässigen ökonomische Strukturdimensionen;
„kulturalistische Verkürzung“ der soziologischen Analyse
o Für eine kritische Analyse sozialer Ungleichheit und
Mechanismen ihrer Reproduktion weitgehend unbrauchbar
o Ausnahme: „kritische“ Varianten, die Milieu- und
Klassenanalyse kombinieren, z.B. Bourdieu.
Lebensstil- und Milieuforschungen sind eher eine Ergänzung der
klassischen
Sozialstrukturanalyse, um sozio-kulturelle Entwicklungsdynamiken und die
kulturelle
Pluralisierung von Lebenswelten und Lebensstilmilieus zu erfassen.
Globalisierung:
- Weltweite Ausdehnung von Handelsbeziehungen
- Vervielfachung international operierender Großkonzerne;
Verlagerung von Produktion in Billiglohnländer
- Weltweite Verflechtung der Finanzströme
- Anwachsen des Flugverkehrs
- Anwachsen des internationalen Tourismus
- Entmachtung nationalstaatlicher Politik durch den „Sachzwang“ des
Weltmarkts
- Weltweiter Daten- und Informationsaustausch
- Entstehung einer globalen Medien- und Konsumkultur
- Globale Umweltzerstörung und Umweltprobleme mit globalen
Auswirkungen
- Internationalisierung politischer Entscheidungsprozesse
- Vervielfältigung internationaler Flüchtlingsströme …
Dimensionen: ökonomisch, informationstechnisch, politisch,
ökologisch, kulturell, sozial (Tabelle Folie 121)
„Nachhaltige Entwicklung“
- Hintergrund: wachsende globale ökologische Probleme + wachsende
globale Armutsprobleme -> UN Brundtland-Kommission ->
Brundtland-Bericht 1987
- Leitbild „nachhaltiger Entwicklung“ . Propagiert eine
Entwicklungsstrategie, die Umwelt- und Entwicklungspolitik, „top
down“- und partizipative „bottom up“-Ansätze integriert -> UNCED
Konferenz in Rio 1992 [„Agenda 21“]
- Definition von nachhaltiger Entwicklung im Brundtland-Report
(1987):
„Dauerhafte (nachhaltige) Entwicklung ist eine Entwicklung, die die
Bedürfnisse der
Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre
eigenen
Bedürfnisse nicht befriedigen können. Zwei Schlüsselbegriffe sind wichtig:
(a) der Begriff 'Bedürfnisse', insbesondere die Grundbedürfnisse der
Ärmsten der Welt sollen Priorität haben, (b) der Gedanke von
Beschränkungen, die der Stand der Technologie und der sozialen
Organisation auf die Fähigkeit der Umwelt ausübt, gegenwärtige und
zukünftige Bedürfnisse zu befriedigen.“ (Hauff, 1987: 46)
11.Veranstaltung: Umweltsoziologie
Einflussfaktoren:
1. Eigendynamik der wissenschaftlichen Umweltdebatte
2. Nationale Problembetroffenheit und Interessenkonstellation
3. Kulturelle Resonanz der Umweltdebatte
4. nationale Dynamik des Umweltkonflikts
5. Einbettung der Umweltdebatte in politische Großwetterlage
6. (Partei)Politisches Agendasetting
7. Selektivität & Verstärkereffekte der Massenmedien
-- Massenmedien = zentraler Ort öffentlicher Konfliktdiskurse
-- Rezeptionsbarriere: gelangen Umweltthemen überhaupt in die
Medien?
-- Welche Faktoren steuern die Berichterstattung?
ð„instrumentelle Aktualisierung“ (Kepplinger)
ð Theorie des Nachrichtenwerts (Dramatisierung, Neuigkeit,
personalisierend Story-Format ...)
ð „Agenda Buildung“ durch beteiligte Akteure („Inszenierte
Information“)
ð kulturelle/soziale Resonanz (Verkaufszahlen,
Einschaltquoten ...)
Zu 2: sozialökologische Regime:
Historische Entwicklung:
• Aus einer koevolutionären Perspektive untersuchen R. P. Sieferle
(1997) und Fischer-Kowalski et al. (1997) den Rückkopplungsprozess
von Gesellschaft und Natur mithilfe der Konzepte „gesellschaftlicher
Stoffwechsel“ (unterschieden in energetischen und materiellen
Stoffwechsel) und „Kolonisierung von Natur“ für unterschiedliche
historische Entwicklungsphasen.
• „Die Geschichte der Menschheit lässt sich .. als Geschichte einer
stetig wachsenden Population und zugleich als Geschichte eines
auch pro Kopf wachsenden Metabolismus [Stoffwechsel] sowie einer
kolonisierenden Durchdringung zunehmend vieler natürlicher
Systeme beschreiben. Veränderungen der Produktionsweise machen
sich als qualitative und quantitative Sprünge im Metabolismus und in
den Kolonisierungsstrategien bemerkbar“ (Fischer-Kowalski et al.:
26).
• Unterschieden werden so die historischen Formationen (1.) der
Lebensweise als Jäger und Sammler, (2.) der Agrargesellschaften,
die vor etwa 10.000 Jahren entstanden sind und (3.) der
Industriegesellschaften, die sich erst im Verlauf der letzten 200 Jahre
entwickelt haben.
Umweltsoziologische Erklärungsansätze:
Analytische Ansätze
Handlungstheoretische Ansätze: z. B. Rational Choice
(Allmende-Problem)
Praxis- und alltagstheoretische Ansätze (in welche
Alltagspraktiken ist umweltbezogenes Verhalten eingebettet,
welcher ‚implizite Sinn“ liegt diesen Praktiken zugrunde, wie
gehen Menschen im Alltag mit Umweltproblemen und den
‚Widersprüchen‘ im eigenen Verhalten um, etc. )
Diskurstheoretische Ansätze (Analyse öffentlicher
Umweltdiskurse)
Netzwerk-, organisations- und institutionentheoretische
Ansätze
Systemtheoretische Ansätze etc.
Gesellschaftstheoretische Deutungen (Zeitdiagnosen)
„Risikogesellschaft“, „reflexive Modernisierung“ (Ulrich Beck)
„Funktional differenzierte Gesellschaft“ (Niklas Luhmann u. a.)
„Ökologische Modernisierung“
Kapitalismustheoretische Deutungen („Postfordismus“)
Antwort 1:
• Lokale Agenda 21 = mobilisierendes Netzwerk, das mittels breiter
Partizipation, kommunikativer Vernetzung und dialogisch-
kooperativer Verfahren lokale Nachhaltigkeit zu fördern versucht.
• bedarf zu diesem Zweck der Legitimation und Unterstützung in
formellen Politikstrukturen und -verfahren (z.B. durch Stadtrat und
Verwaltungsspitze).
• Aber nur partiell erfolgreich:
Mobilisierungsproblematik der LA 21: öffentlichkeitswirksame
Mobilisierung, Engagement in Foren & Projekten kaum auf Dauer zu stellen
Lösung: periodische, thematisch fokussierte Nachhaltigkeitskampagnen
Koordinationsproblematik der LA 21: meist Nische; schlechte
Verknüpfung mit zentralen kommunalpolitischen Entscheidungen;
Wahrnehmung als Konkurrenz zu Gemeinderäten Lösung: stärker
institutionalisierte Vernetzungsmechanismen
Antwort 2:
Strategische Planung mithilfe von Nachhaltigkeitszielen und Indikatoren
• Mit Blick auf politische Gestaltungskontexte werden unterschiedliche
Ziel- und Indikatorenkataloge entwickelt, die eine Überprüfung +
Bewertung des Ist-Zustands, Zielfestlegungen sowie ein Monitoring
des Grads der Zielerreichung ermöglichen sollen.
• auf lokaler Ebene oft im Rahmen partizipativer Verfahren (LA 21,
Zukunftskonferenzen ...), auf Landes- oder nationaler Ebene primär
durch Verwaltung in Kooperation mit Wissenschaft +
zivilgesellschaftlichen Gruppen
• Bsp. Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie
– 2001: Staatssekretärsausschuss „Nachhaltige Entwicklung“
eingerichtet (querschnittsorientierte Koordination;
Federführung beim Bundeskanzleramt)
– 2001: „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ vom Bundeskanzler
berufen (19 Persönlichkeiten aus allen ges. Bereichen zur
Beratung und kritischen Begleitung der N-Politik der
Bundesregierung, Öffentlichkeitsarbeit, Organisation eines
ges. N-Dialogs, eigene Projekte wie bspw. „Nachhaltiger
Warenkorb“)
– 2002: Veröffentlichung der deutschen
Nachhaltigkeitsstrategie („Perspektiven für Deutschland“):
o 4 Leitlinien: Generationengerechtigkeit, Lebensqualität,
sozialer Zusammenhalt, Internationale Verantwortung
o 21 Indikatoren für diese Bereiche mit Zielvorgabe
o Schwerpunkte nachhaltiger Entwicklung mit detaillierter
Analyse der jeweiligen Problemstruktur, Zielen, ergriffenen
Maßnahmen + spezifischen Pilotprojekten
o Managementregeln, die Umsetzung, Erfolgskontrolle,
Monitoring & Weiterentwicklung der Strategie betreffen
– 2006: Einrichtung eines „Parlamentarischen Rats für
Nachhaltige Entwicklung“ (Beratung & Empfehlungen zur
Festlegung von Zielen, Maßnahmen, Instrumenten)
Nachhaltigkeitsstrategie = institutionelle Innovation: begünstigt die
Integration von Ressortpolitiken + langfristige, leitbildorientierte,
partizipative Politiksteuerung
Konsumspiralen: Automobilität
Durch Massenverfügbarkeit des Automobils (erschwingliche Preise,
individuelles Design) wird es in das Gewebe der
Alltagsarrangements eingebunden und wurde für deren
Stabilisierung vielfach unverzichtbar
Das verstärkt wieder bestimmte siedlungs- und infrastrukturelle
Entwicklungen
Die damit geschaffene Angebotsstruktur, wachsende strukturelle
Flexibilisierungszwänge (Arbeit, Individualisierung), damit
verbundene „Zeitnot“, aber auch steigende soziale Erwartungen an
Zeitsouveränität und Selbstgestaltungsmöglichkeiten erhöhen
wiederum den Zwang zur Autonutzung.
Netzwerkbildung
• Bildung strategischer Akteursnetzwerke, Diffusionsnetzwerke von „best practice“ Modellen
Politische Regulierung
• Verordnen, finanzielle Förderung + Anreize (z.B. EEG, Emissionshandel), planungsrechtliche Instrumente,
Haftungsrecht
staatl. Aktivierung gesellschaftlicher + wirtschaftlicher Eigenaktivitäten
• Selbstverpflichtungen, Zielvorgaben, Zertifizierungen, Koordinierung gesellschaftlicher Aktivitäten (z.B. lokale
Agenda 21)
Verbessertes (umwelt- und sozialverträgliches) Marktangebot + infrastrukturelle Dienstleistungen
Alltagspraktische + kulturelle Passfähigkeit
• Nachhaltige Geräte, Dienstleistungen und Konsumpraktiken müssen in die Alltagsarrangements passen und
an kulturelle Normen und Standards anschlussfähig sein